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Mobilitätspaket: EU-Verkehrsausschuss will Ruhezeiten von Lkw-Fahrern flexibilisieren

Der Verkehrsausschuss des Europaparlaments hat bereits am 4. Juni neue Regeln für Berufskraftfahrer verabschiedet. Dabei geht es um flexible Ruhezeiten und eine weitere Liberalisierung der Kabotage. Beschlossen wurde zudem die Ausdehnung der Pflicht zum Einbau eines digitalen Tachografen auf Fahrzeuge zwischen 2,4 und 3,5 Tonnen.

In Zukunft wird es sehr wahrscheinlich einige erhebliche Änderungen für Speditionen geben. Der Verkehrsausschuss des Europaparlaments (EP) hat sich bereits am Montag beim Mobilitätspaket auf neue Regeln für die Arbeitsbedingungen von Lkw-Fahrern geeinigt. Dabei handelt es sich laut Verkehrsrundschau um „Reformvorschläge der EU-Kommission im Rahmen des ersten Mobilitätspakets“.

Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“
Neuerungen soll es demnach bei der Kabotage geben. Eurotransport berichtet, dass Berufskraftfahrer bei Kabotagefahrten künftig bereits ab dem ersten Tag den nationalen Mindestlohn erhalten sollen. Internationale Fahrten sollen hingegen von der Regelung ausgenommen werden, was dazu führt, dass die im Rahmen des Entsenderechts geltende Maxime „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ nicht zur Anwendung kommt. Die Entscheidung wird vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) stark kritisiert. Wie es in der Verbandsmeldung heißt, wurde eine „große Chance verpasst“, „einen fairen Wettbewerb auf den europäischen Transportmärkten mit dem Ziel, zunehmendes Sozialdumping und modernes Nomadentum, ausgetragen auf dem Rücken der Fahrer, entschieden zurückzudrängen.“ Die Entscheidung des Verkehrsausschuss hat demnach zur Folge, dass für Transporte in Deutschland sowohl für deutsche wie für französische, aber auch für Fahrer in polnischen, bulgarischen oder rumänischen Lkw eben keine gleichen Regeln für die Entlohnung und sonstigen Arbeitsbedingungen gelten.

Änderungen soll es auch bei den Fristen für Kabotage-Fahrten geben. Geht es nach den Plänen des Verkehrsausschusses des Europaparlaments, soll innerhalb der siebentägigen Frist die Beförderung in einem Mitgliedstaat auf 48 Stunden begrenzt werden. Damit soll vor allem eine mögliche Wettbewerbsverzerrung verhindert werden. Die Pläne des Ausschusses sehen nach Angabe der Verkehrsrundschau vor, dass ein Lkw vor „einer erneuten Kabotage in dem entsprechenden Mitgliedstaat erst in sein Registrierungsland zurück, dort 72 bleiben und zwischendurch einen internationalen Transport durchführen“ muss.

Mehr Flexibilität bei Ruhezeiten.
Weiterhin hat der Verkehrsausschuss eine Flexibilisierung der Ruhezeiten gebilligt. Transportunternehmen könnten entsprechend bald in der Pflicht sein, bei der Tourenplanung zu berücksichtigen, dass die Fahrer „spätestens nur noch alle drei Wochen nach Hause oder an einen anderen Ort ihrer Wahl zurückkehren“, um ihre Wochenruhezeit zu verbringen. Ermöglicht wird diese Neuerung, weil Lkw-Fahrer laut Europaparlament „künftig im Bezugszeitraum von vier Wochen zwei verkürzte wöchentliche Ruhezeiten nehmen können dürfen“.

Weiterhin sollen Lkw-Fahrer die Möglichkeit erhalten, die tägliche Fahrzeit um zwei Stunden überschreiten zu dürfen, wenn damit das Erreichen des Betriebszentrums des Spediteurs möglich wird. Allerdings müssen diese zwei Stunden später mit der gleichen Ruhezeit ausgeglichen werden. Eine Ausnahme soll es auch beim Verbot, die regelmäßige Wochenruhezeit in der Kabine zu verbringen, geben. Die Pläne sehen diese vor, wenn sich der Lkw auf einem selbst zertifizierten, gesicherten Parkplatz befindet.

Tachografenpflicht ausgeweitet.
Mit Blick auf die Ruhezeiten der Lkw-Fahrer sorgt die Neuregelung der Tachografenpflicht gerade beim Handwerk für viel Frust. Es wurde beschlossen, dass Tachografen auch in Nutzfahrzeuge zwischen 2,4 und 3,5 Tonnen eingebaut werden sollen. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) kritisiert den Beschluss scharf. „Die Ausweitung der Tachograpfenpflicht ist ein herber Schlag für kleine und mittlere Unternehmen“, sagt ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke. „Gerade in den Grenzgebieten nach Dänemark, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz und Österreich gehört grenzüberschreitende Tätigkeit auch im Handwerk zur normalen beruflichen Praxis in einem zusammenwachsenden Europa“, so Schwannecke.

Weiterhin soll gegen sogenannte Briefkastenfirmen vorgegangen werden. Unternehmen sollen künftig eine „tatsächliche und dauerhafte Präsenz“ in dem Mitgliedstaat, wo sie registriert sind, nachweisen. Möglich soll dies unter anderem durch eine ausreichende Anzahl von Parkplätzen sein. Da eine steigende Anzahl leichter Nutzfahrzeuge eingesetzt wird, schlägt der Verkehrsausschuss des Europaparlaments vor, dass Nutzfahrzeuge über 2,4 Tonnen, die im internationalen Güterverkehr eingesetzt werden, auch die Regeln für eine dauerhafte Niederlassung, Kabotage und Ruhezeiten einhalten müssen.

Laut der Verkehrsrundschau zielt die Neuregelung des Mobilitätspaketes auf mehr Überprüfungen und Straßenkontrollen ab. Weiterhin sollen Untersuchungen bei vermutetem Betrug beschleunigt werden. Dafür will man die Behörden verpflichten, Anfragen aus dem Ausland schneller zu beantworten.

Der vom Verkehrsausschuss verabschiedete Text muss in einem nächsten Schritt vom Europaparlament angenommen werden. Wenn dies geschehen ist, gilt der Entwurf als Position des Europäischen Parlaments für die Verhandlungen mit dem EU-Rat. Mit Verhandlungen kann jedoch erst begonnen werden, wenn der Rat seinen eigenen Standpunkt festgelegt hat.

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